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Wenn man über 300 Mal hört, wie jemand gestorben ist

Eine sehr oft gestellte Frage, die mich erreicht: „Hinterlassen die ganzen Trauerfeiern bei dir Spuren?“
Ob über 300 Trauerfeiern in mir Spuren hinterlassen? Ganz klar, JA!
Spuren der tiefen Liebe, der bleibenden Erinnerung, Spuren von Schmerz und vor allem diese unglaublich tiefen Spuren der unermesslichen Dankbarkeit….
Diese Dankbarkeit haut mich immer wieder um! So wie heute auf dem Hauptfriedhof in Ulm.
Der Abschied war schon längst vorbei, ich steige in mein Auto. Jemand klopft an meine Scheibe…
Ein mir sehr bekanntes Gesicht, jedoch fehlt mir der Name leider nicht gleich ein.
„Irina! Grade hatten wir es vor kurzem von dir! Wie schön die Trauerfeier vor 1,5 Jahren für meinen Mann doch war. Nochmals vielen Dank dafür!“
Man erinnert sich an den schönen und würdevollen Abschied und dabei sogar an mich!
Ich bin nicht mehr irgendeine blonde Rednerin, sondern der Name hat sich bei den Menschen sogar mit ins Gedächtnis eingeprägt.

Ich liebe und lebe mein Redenswerk einfach mit jeder Faser meines Körpers.
Anders würde es nicht gehen, wenn ich die Abschiede nicht mit ganzem Herzen machen würde.

Doch wenn man über 300 Mal gehört hat, wie jemand loslassen durfte, denkt man etwas anders über das eigene Leben.
Der Blick auf das Wesentliche prägt sich anders. Man merkt umso mehr, wie vergänglich dieses eine Leben doch wirklich ist. So in Echt und in Farbe.. Ich feier zum Beispiel jeden Regenbogen, den ich sehe. Jede neue Knospe wird von mir freudig begrüßt und jeder Sonnenstrahl blitzschnell absorbiert.
Das heißt jetzt nicht, dass wenn ich zur Jagd geh, oder an den Bach zum Angeln, dass ich jeden Baum einzeln umarmen muss. Aber bewusst nutze ich in der Natur die stillen Momente, um zu fühlen. Ich lebe bewusst die mit Kinderlachen gefüllten Augenblicke, um so richtig aufzuleben. Und ich nutze das Schreiben um euch den Tod und vor allem den liebevollen Abschied näherzubringen und diesen selbst ein Stück weit zu verstehen und zu verarbeiten.

Seit über zwei Jahren mache ich das schon und noch nie wurde ein Tag oder ein Schritt jemals bereut.

Denn dafür schlägt mein Herz Redenswerk

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Ein Gedanke zu „Wenn man über 300 Mal hört, wie jemand gestorben ist

  1. Seit mehr als einer Stunde verweile ich nun auf deiner Seite. Jedes geschriebene Wort berührt mich sehr. Ein spontaner Impuls lässt mich nun diese Worte verfassen – einfach so.

    Von 2017 bis 2018 war ich ebenfalls Traurednerin bei einer Ulmer Hochzeitsplanerin. Mehrfach wurde ich im privaten schon auf „Trauerreden“ angesprochen. Doch tatsächlich konnte ich nie zusagen. Da ich mich schon bei meinen Traureden oftmals zusammenreißen musste, um nicht ein Tränchen zu verdrücken, möchte ich mir nicht ausmalen, wie es bei einem Abschied wäre. Denn ein Patentrezept um nicht so emotional zu sein, gab es bisher für mich noch nicht.

    Liebe Irina, wenn ich für einen Anlass jemals eine Rednerin benötige, weiß ich bereits heute, dass du die richtige bist. Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute und vor allem Gesundheit. Herzlichst Michaela

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